Der Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung im Landratsamt Schmalkalden-Meiningen weist Tierhalter auf die aktuell beginnende erhöhte Gefahr der Blauzungenkrankheit hin und macht auf die vorbeugende Schutzimpfung aufmerksam: Seit Oktober 2023 sind in den Niederlanden, in Belgien und auch in Deutschland (Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) Infektionen bei Rindern und Schafen mit dem Virus der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 (BTV 3) aufgetreten. Auch in Hessen (Alsfeld, Landkreis Vogelsberg) wurde am 5. Juli 2024 ein erster Blauzungenfall (BTV 3) bei einem Bullen gemeldet.
Für die Blauzungenerkrankung sind Wiederkäuer wie Rinder, Schafe, Ziegen, Neuweltkameliden und Wildwiederkäuer empfänglich. Da die Erkrankung über sogenannte Gnitzen (kleine blutsaugende Mücken) übertragen wird, breitet sich die Erkrankung in der warmen Jahreszeit weiter aus. Auf Menschen ist die Krankheit jedoch nicht übertragbar – auch nicht durch den Konsum von tierischen Produkten.
Woran erkennt man die Krankheit?
Anders als in den Blauzungengeschehen zwischen 2006 und 2011 (BTV-8), verursacht die Infektion mit dem aktuellen Virustyp insbesondere bei Schafen schwere Krankheitsverläufe, zum Teil mit Todesfolge und bei Rindern deutliche Einbrüche der Milchleistung.
Die klinischen Symptome bei Rindern sind Entzündungen der Zitzenhaut und der Schleimhäute im Bereich der Augenlider, Maulhöhle und Genitalien mit Bläschenbildung und Ablösungen der Schleimhäute insbesondere an Zunge, Maul und Kronsaum. Die klinischen Erscheinungen ähneln den Symptomen der Maul- und Klauenseuche.
Die klinischen Symptome beim Schaf sind schwerwiegender als beim Rind. Erste klinische Symptome einer akuten Erkrankung sind circa sieben bis acht Tage nach der Infektion zu beobachten. Dazu gehören eine erhöhte Körpertemperatur, Apathie und Absonderung von der Herde sowie typische Veränderungen der Schleimhäute. Es kommt zur Schwellung der Maulschleimhäute, vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Die Zunge und der Hals können anschwellen und die Zunge kann aus dem Maul hängen. Der Kronsaum kann sich entzünden und es kommt zu Lahmheiten. Tragende Tiere können abortieren.
Neue Möglichkeit zur Impfung
Von zentraler Bedeutung bei der Bekämpfung der Blauzungenkrankheit und damit dem Schutz empfänglicher Tiere ist die Impfung. Diese Maßnahme hat sich bei den Blauzungengeschehen in der Vergangenheit sehr bewährt. Da allerdings für den neu aufgetretenen Serotyp BTV 3 bislang noch kein Impfstoff zugelassen ist, wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) am 6. Juni 2024 eine Eilverordnung erlassen, die die Anwendung von drei aktuell noch nicht zugelassenen Impfstoffen ermöglicht. Über eine Allgemeinverfügung des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz (TLV) wird die Anwendung in Thüringen erlaubt und Anordnungen und Bedingungen, die mit der Anwendung verknüpft sind, festgeschrieben. Die Notbekanntmachung ist auf der Internetseite des TLV abrufbar unter https://verbraucherschutz.thueringen.de/tiergesundheit/tierseuchen.
Die Impfung muss durch einen Tierarzt durchgeführt und nach der Vorgabe der Allgemeinverfügung dokumentiert werden. Handelserleichterungen für geimpfte Tiere können mit den in der Eilverordnung erlaubten Impfstoffen zum jetzigen Stand nicht gewährt werden. Ein Impfschutz wird in der Regel nach 20 bis 30 Tagen nach der Grundimmunisierung erreicht. Die Thüringer Tierseuchenkasse unterstützt die Impfung mit einer Beihilfe. Die Impfung ist nicht verpflichtend, hat unter derzeitigen Bedingungen allerdings tierschutzrechtliche Relevanz, da diese ein Leiden oder gar ein Versterben der Tiere verhindern kann. Außerdem dient sie dem Schutz der Tierbestände, indem das Risiko der weiteren Virusverbreitung reduziert wird. Auch eine vorbeugende Behandlung mit Insektiziden oder Repellentien kann die Tiere vor einem Stich der Gnitzen zusätzlich schützen.
Der Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung empfiehlt den Tierhalterinnen und Tierhaltern, die freiwillige vorbeugende Schutzimpfung zu nutzen. Denn nur eine flächendeckende Impfung und rechtzeitiges Handeln sichern die Tiergesundheit der Bestände.
Zudem weist das Veterinäramt darauf hin, dass sämtliche Tierhaltungen kleiner Wiederkäuer (Schafe, Ziegen) und Kameliden (Alpakas, Lamas) bei der Thüringer Tierseuchenkasse oder der Veterinärbehörde zu melden sind und die Blauzungenkrankheit zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen gehört. Außerdem sind beim Tierhandel und Tierverkehr mit den hier genannten Tierarten aus nicht mehr BTV-freien Gebieten (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz) besondere tierseuchenrechtliche Erfordernisse zu beachten.
Für weiterführende Informationen steht der Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung des Landkreises Schmalkalden-Meiningen unter Tel. 03693/485-8169 gerne zur Verfügung.