Landrätin Peggy Greiser hat das Bevölkerungsschutzgesetz und den darin verankerten inzidenzbasierten Corona-Lockdown kritisiert. „Ich bin überzeugt, dass wir gerade die Schulen mit einer entsprechenden Testpflicht und begleitenden Maßnahmen wie Wechselunterricht ohne Probleme weiterhin geöffnet hätten lassen können“, sagt die Landrätin.
Auch Ausgangsbeschränkungen führten lediglich dazu, dass Treffen in Innenbereiche verlagert werden, verbunden mit einem höheren Ansteckungsrisiko. Außerdem sei die Ausgangssperre kaum kontrollierbar. „Viele Wissenschaftler betonen seit Wochen und Monaten, dass wir uns nicht nur auf Inzidenzzahlen stützen dürfen“, so die Landrätin. Diese seien ein wichtiger Indikator für das Infektionsgeschehen, man sollte aber nie nur eine Kennzahl betrachten. „Erstens fehlt bei der Inzidenzzahl die Vergleichbarkeit – je mehr getestet wird, desto höher ist die Inzidenz“, so Greiser. Zweitens unterliege die Inzidenzzahl meldebezogenen Schwankungen. Zudem bleibe die Impfquote komplett unberücksichtigt. Zuletzt hatten Experten des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung sowie des Divi-Intensivregisters die Zahl der Intensivstation-Neuaufnahmen binnen sieben Tagen als Parameter zur Bewertung der Pandemielage ins Gespräch gebracht und betont, dass die Inzidenz nicht mehr mit der Lage korreliere, allein schon wegen zunehmender Tests – etwa an Schulen und in Schnelltestzentren.
Die Situation sei weiterhin ernst und fragil, aber zumindest mit entsprechender Test- und Maßnahme-Strategie aktuell im Landkreis beherrschbar. „Das ist auch ein wesentlicher Verdienst all jener, die seit mehr als einem Jahr mit diszipliniertem und solidarischem Verhalten dazu beitragen, dass die Lage nach wie vor unter Kontrolle ist und die Inzidenz sogar zuletzt etwas gesunken ist. Für diese Ausdauer möchte ich mich bedanken. Es ist aber noch ein Stück Wegstrecke, das wir gemeinsam gehen müssen“, so Greiser.
„Ich bin überzeugt, dass wir bei neuerlichen Schulschließungen oder Ausgangssperren, wie sie der Bund ab kommender Woche veranlasst, weiterhin beim aktuellen Inzidenz-Niveau verharren werden, bis der Großteil der Bevölkerung geimpft ist, weil wir einfach viel testen“, so die Landrätin. „Ich bin der Meinung, wir müssten eigentlich insbesondere auch für Einzelhändler und Gastronomen, aber auch im Freizeitbereich klare und verlässliche Perspektiven schaffen. Entgegen einer starren und allein auf die Inzidenzzahlen abgestellten gesetzlichen Regelung ist eine Bewertung des Infektionsgeschehens vor Ort anhand verschiedener aussagekräftiger Parameter dabei auch zukünftig unabdingbar“, so Greiser.
Auch Krisenstabsleiterin Susanne Reum hofft und sieht angesichts der derzeit stabilen Lage in den Kliniken unseres Landkreises bei zunehmendem Impffortschritt perspektivisch Licht am Ende des Tunnels. „Der Zeitraum, den wir noch gemeinsam durchstehen müssen, bis wir endlich wieder mehr Freiheiten haben, ist überschaubar“, sagt sie. Sie gehe davon aus, dass innerhalb der nächsten vier bis sechs Wochen sehr viele Menschen, die es auch wollen, eine Impfung erhalten können. „Ab dem 26. April sollen in Deutschland rund 3,41 Millionen Impfdosen von BioNTech Pfizer, statt der geplanten 2,52 Millionen, zur Verfügung stehen. Bis im Juni sollen es 5,14 Millionen Dosen wöchentlich werden, so dass insgesamt mehr als 10 Millionen Impfdosen mehr als ursprünglich geplant in Deutschland ankommen werden“, so Reum. „Und ich weiß, dass die Impfangebote bei uns sehr gut angenommen werden. Wir sehen es täglich, welcher Andrang im Impfzentrum neben dem Landratsamt herrscht“. Dafür müsse man ein großes Lob an die Bevölkerung richten. „Wir sind auf der Zielgeraden, aber ob wir erfolgreich sind oder ob wir über unsere eigenen Beine stolpern, entscheidet sich, wie so häufig im Sport auf den letzten Metern“, so die Vizelandrätin. Deswegen appelliert Reum nochmals an die Bürgerinnen und Bürger, in den kommenden Wochen auf illegale Geburtstagsfeiern oder Partys zu verzichten, auch wenn es im Familienkreis sei. „Nicht notwendige Kontakte sollten zwingend gemieden, Abstände eingehalten, ansonsten FFP2-Masken getragen werden. Haushaltsfremde Kontakte in geschlossenen Räumlichkeiten sollten, wenn möglich, unterlassen werden – ansonsten sei ebenfalls dringend eine FFP2-Maske zu tragen. „Lassen Sie uns die nächsten Wochen nutzen, um diese Pandemie zu besiegen und die Krise nicht durch Grillpartys, Kaffeekränzchen, Garagenfeten oder ähnliches immer wieder zu befeuern und zu verlängern.“
Einheitliche Bundes-Regelungen wären zu einem früheren Zeitpunkt sinnvoll gewesen, nun kämen sie aber zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. „Gerade jetzt wo unser Landkreis gemeinsam mit den Kommunen sein Strategiepapier – Mit dem Virus leben – in die Tat umsetzen wollte“, bedauert Reum. Dazu zählen neben der Teststrategie mit Schnelltests und den Tests in Kitas und Schulen auch die Impfstrategie des Landes sowie die Nutzung der digitalen Kontaktnachverfolgung bei Öffnung von Geschäften und Freizeiteinrichtungen.