Sie ist immer noch die zweiterfolgreichste Biathletin aller Zeiten bei Europameisterschaften: Fünfmal holte Juliane Döll aus Floh-Seligenthal Gold bei kontinentalen Titelkämpfen. Dazu zweimal Silber und dreimal Bronze. Die Entscheidungen, am Schießstand den richtigen Moment zu finden, damit der Schuss die Scheibe fallen lässt, waren nicht immer einfach. Heute, fünf Jahre nach dem Karriereende, hat es die 31-Jährige mit noch viel weittragenderen Entscheidungen zu tun. Nicht nur im Berufsleben, in dem die studierte Wirtschaftsjuristin für eine regionale Bank arbeitet, vor allem auch in ihrem Ehrenamt: Juliane Döll ist Jugendschöffin beim Landgericht Meiningen. „Es ist immer sehr leicht zuzugucken und ein Urteil zu verurteilen; weil man meint, es ist zu mild oder es ist zu hart. Wenn man aber da sitzt, und erst die eine Seite hört, dann die andere, ist das oft nicht so einfach – auch nicht für den Richter“, sagt sie.
Schöffenamt in der Thüringer Verfassung verankert
Juliane Döll beantwortet beim Pressegespräch des Landratsamtes zusammen mit Ina Werner aus Vachdorf und Sandra Rothamel, ebenfalls aus Floh-Seligenthal, die Fragen der Journalisten. Wie ehemalige Sportlerin Döll engagieren sich auch die beiden Frauen als Laienrichterinnen bei Strafprozessen gegen Jugendliche, allerdings beim Meininger Amtsgericht. Mit dem gleichen Stimmrecht wie die Berufsrichter ausgestattet, repräsentieren sie das Volk wenn Recht gesprochen wird. So will es auch die Thüringer Verfassung. Ein Berufsrichter, zwei Jugendschöffen – immer ein Mann und eine Frau – wirken an der Urteilsfindung mit, wenn Jugendliche Straftaten begangen haben sollen. Dabei können sie die Laien- den Berufsrichter sogar überstimmen. In der Praxis waren sie sich mit dem Richter am Ende „immer einig“, sagen die drei Frauen unisono.
Im kommenden Jahr werden die Schöffen für die Amtsperiode von 2019 bis 2023 neu gewählt. Das Landratsamt ist hierbei für die Jugendschöffen zuständig, die Städte und Gemeinden für die Schöffen. Insgesamt muss der Jugendhilfeausschuss des Landratsamtes 144 Personen für das Land- und Amtsgericht in Meiningen und 17 für das Amtsgericht in Suhl benennen. Bislang gibt es noch nicht genügend Bewerber. Bis Mitte Mai können sich Interessenten im Landratsamt Schmalkalden-Meiningen, beim Fachdienst Jugend, melden. Hier erhalten Interessierte alle notwendigen Informationen, auch die Erklärungsbögen können abgeholt oder angefordert werden (Zimmer 216, Obertshäuser Platz 1 in 98617 Meiningen; Telefonnummer 03693/485-8617). Weitere Informationen sowie der Aufnahmeantrag sind auch online verfügbar unter nachfolgendem Link www.lra-sm.de. Bürgerinnen und Bürger können sich mit den ausgefüllten Erklärungsbögen bis Mitte Mai an den Fachdienst Jugend wenden. Anschließend entscheidet der Jugendhilfeausschuss über die Vorschlagslisten. Die letztendliche Wahl der Schöffen findet dann bei Gericht statt.
Keine besondere Qualifikationen erforderlich
Die vorgeschlagenen Personen sollen alle Gruppen der Bevölkerung repräsentieren. Das Ehrenamt der Jugendschöffin oder des Jugendschöffen kann jeder Mann und jede Frau mit deutscher Staatsangehörigkeit im Alter zwischen 25 und 70 Jahren ausüben – mit wenigen Ausnahmen. Vom Amt ausgeschlossen sind etwa Männer und Frauen, die durch eine vorsätzliche Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt sind. Ausgeschlossen sind außerdem Personen, die durch einen Richterspruch die Fähigkeit abgesprochen bekamen, ein öffentliches Amt zu bekleiden; oder gegen die ein Ermittlungsverfahren läuft, die einen solchen Richterspruch erwarten lässt. Eine besondere Qualifikation für das Schöffenamt ist nicht erforderlich.
Juliane Döll und Sandra Rothamel haben sich bereits für eine zweite Amtsperiode beworben. Ina Werner würde ebenfalls gerne weitermachen, weiß aber nicht, ob es ihr aus Altersgründen noch einmal ermöglicht wird. „Ich bin Rentnerin, ich hätte eigentlich Zeit“, sagt sie etwas bedauernd. Seit 2004 ist sie am Amtsgericht. Zu wie vielen Sitzungen die Schöffen herangezogen werden, ist unterschiedlich. Zwölf ordentliche Sitzungstage nennt das Thüringer Justizministerium als Maximum, das eigentlich nicht überschritten werden sollte. Die Verhandlungen können ein bis zwei Stunden, aber auch durchaus bis abends dauern. Die Laienrichter erhalten eine Aufwandsentschädigung, der Arbeitgeber muss sie für die Zeit bei Gericht freistellen, was bei den berufstätigen Jugendschöffinnen Juliane Döll und Sandra Rothamel problemlos funktioniert.
Körperverletzung, Kindesmisshandlung, sexueller Missbrauch – mit all diesen Tatbeständen haben sich Juliane Döll, Ina Werner und Sandra Rothamel auseinandergesetzt. Hat es eine der Jugendschöffinnen schon mal bereut, sich auf das Ehrenamt eingelassen zu haben? „Nein. Aber etwas gelernt habe ich“, sagt die ehemalige Biathletin Döll – etwas fürs Leben. „Man zieht schon Parallelen.“ Auch das, was Sandra Rothamel und Ina Werner über das Schöffenamt sagen, klingt wie eine Empfehlung: „Es ist eine sehr interessante, verantwortungsvolle und spannende Aufgabe.“
Foto: Drei Jugendschöffinnen aus dem Landkreis: Juliane Döll, Sandra Rothamel und Ina Werner (v.l.) am Rande des Pressegesprächs. Derzeit sucht der Landkreis wieder Jugendschöffen.